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1. Deutsche und brandenburgisch-preussische Geschichte vom Ausgang des Mittelalters bis zur Gegenwart - S. 87

1896 - : Buchh. des Waisenhauses
I. Friedrich Ii., der Große, 1740 —1786. 87 bitten mußte. Friedrich folgte dem Rufe; mit ihm erschienen aber auch zwei österreichische Heere unter Dauu und Lasers) iu Schlesien und vereinigten sich mit'laudon. Um den König vollends einzuschließen, riefen die österreichischen Heerführer auch noch ein russisches Hilfscorps herbei. Doch ehe die Russen herangerückt waren, schlug Friedrich die Österreicher unter Laudon bei Liegnitz in der Frühe des 15. August 15.«ug. und öffnete sich durch diesen Sieg den Weg nach Breslau. Überfall von Berlin. Um den siegreichen König wenigstens aus Schlesien zu entfernen, verabredete Daun mit den Russen einen gemeinsamen Angriff auf Berlin: während Lascy von Süden heranzog, erschienen von der Warte her im Osten Berlins die Russen unter Czernitscheff und Tottleben. Da die vorhandenen Streitkräfte zu einer erfolgreichen Verteidigung der Hauptstadt unzulänglich waren, mußte Berlin die Plünderung durch die Zahlung einer Kontribution von mehr denn iy8 Millionen Thaler abkaufen, und überdies wurde an öffentlichem und privatem Eigentum von den Feinden ein großer Schade angerichtet. Dagegen wurde Charlottenburg von den Sachsen geplündert. Als Friedrich seiner bedrängten Hauptstadt zu Hilfe eilte, warteten die Feinde seine Ankunft nicht ab, sondern räumten Berlin bereits nach vier Tagen. Torgau. Diese Abwesenheit Friedrichs hatten die Österreicher benutzt, um sich wieder in Sachsen auszubreiten, indem Daun sich auf den Süptitzer Höhen bei Torgau verschanzte. Trotz der Gefährlichkeit des Unternehmens beschloß Friedrich den überlegenen Feind anzugreifen, um Sachsen wiederzugewinnen. Sein eigener Angriff glückte zwar nicht, aber Zieten entschied durch eine Umgehung die Schlacht zu Gunsten der Preußen, 3. November. Daun zog sich nach 3. Nov. Dresden zurück. Das Jahr 1761. Bunzelwitz. Die Streitkräfte des Königs waren beim Beginne des neuen Feldzuges so zusammengeschmolzen, daß er sich genötigt sah, mit 50000 Mann bei Bunzelwitz in der Nähe von Schweidnitz ein festes Lager zu beziehen und sich durch die Österreicher unter Laudon und die Russen unter Butturlin einschließen zu lassen. Nur der Feinde Mangel an Lebensrnitteln und die Uneinigkeit der feindlichen Heerführer retteten den König nach mehrwöchentlicher Einschließung aus äußerster Bedrängnis. — Um nach dem Abzüge der Russen auch die Österreicher aus Schlesien zu entfernen, rückte Friedrich gegen die mährische Grenze. Da warf sich aber Laudon plötzlich auf Schweidnitz und überrumpelte diese starke Festung, deren Fall den Verlust eines Teiles von Schlesien nach sich zog. — Einen zweiten Verlust der Art brachte die Eroberung der Festung Kolberg durch die 1) Sprich: Leszi.

2. Deutsche und brandenburgisch-preussische Geschichte vom Ausgang des Mittelalters bis zur Gegenwart - S. 89

1896 - : Buchh. des Waisenhauses
I. Friedrich Ii., der Große, 1740 —1786. 89 Im Anfange des Jahres 1763 schlossen endlich Österreich und i76s Sachsen mit Preußen zu Hubertsburg*) einen Frieden, durch den die Bestimmungen der beiden früheren Friedensschlüsse über Schlesien bestätigt wurden. 4. Tie Wirkungen des siebenjährigen Krieges. Allgemeine. Der Krieg hatte einen großen Teil Deutschlands in ähnlicher Weise heimgesucht wie der dreißigjährige. Durch die Grausamkeit der Russen und Franzosen waren besonders die Neumark, Pommern, Schlesien, das Rheinland, Westsalen, Hessen und Halberstadt furchtbar verwüstet. Eine Million Soldaten war gefallen, und alle Staaten außer Preußen waren mit einer erdrückenden Schuldenlast überhäuft. Eine Änderung im Besitzstände Europas hatte der Krieg nicht hervorgebracht. Dennoch hinterließ er große Wirkungen von weltgeschichtlicher Bedeutung. Für Preußen. Das Ansehen Preußens war bedeutend erhöht. Bisher war es dem Namen nach ein Königreich gewesen, jetzt ward es eine wirkliche Königsmacht, aus einem Mittelstaate eine Großmacht. Friedrich wurde der Schiedsrichter Europas. Der preußische Staat hatte eine stärkere Einheit erhalten. Die Heldenthaten des großen Königs und des ganzen Volkes schufen ein Gefühl der Zusammengehörigkeit. Die verschiedenen, durch ganz Norddentschland vom Rhein bis zur Memel zerstreuten Gebiete fühlten sich mit Stolz als Preußen und blickten mit gerechtem Vertrauen aus ihren königlichen Helden und die Leistungen des Staates. Der Sieg Preußens bedeutete ferner einen Sieg des Protestantismus, der nunmehr von einer Großmacht auf dem Festlande vertreten wurde. Friedrichs Kriegsruhm lenkte die Aufmerksamkeit Europas auch aus seine Regierungskunst. Preußen erschien als der Musterstaat nicht nur im Militärwesen, sondern auch für die Verwaltung in dieser Zeit des aufgeklärten Absolutismus. Für Deutschland. Dadurch, daß Friedrich im siebenjährigen Kriege offen gegen Kaiser und Reich aufgetreten war, hatte er den Glauben an die Einheit des deutschen Reiches zertrümmert und die Machtstellung Preußens als eines europäischen Staates festgestellt. Indem die Klein- und Mittelstaaten sich dem Übergewicht Österreichs und Preußens nicht entziehen konnten, war der Dualismus in Deutschland bewirkt morden. Preußens Sieg bedeutete auch einen Sieg Deutschlands über das Ausland, denn er bewahrte Deutschland vor neuen Verlusten wie im westfälischen Frieden. Das tief gesunkene Nationalgefühl hob sich 1) Hubertsburg ihuberlusburg) liegt östlich von Leipzig.

3. Deutsche und brandenburgisch-preussische Geschichte vom Ausgang des Mittelalters bis zur Gegenwart - S. 91

1896 - : Buchh. des Waisenhauses
I. Friedrich Ii., der Große, 1740-1786. 91 hatten, )o suchte Friedrich besonders der schwer getroffenen Landwirtschaft zu helfen. Daher erließ er den bedrängten Landwirten die Abgaben, gab ihnen Saatkorn aus seinen Magazinen, Pferde bei der Auflösung des Heeres und unterstützte sie durch größere Barsummen. Hierbei berücksichtigte er besonders den Adel, weil dieser an Opferwilligkeit im Kriege allen mit gutem Beispiele vorangegangen war. Um den verschuldeten Großgrundbesitzern dauernde Hilfe zu bringen, errichtete er ritterfchaftliche Kreditvereine, aus denen die Adligen Hypotheken zu müßigem Zinsfüße auf ihre Güter entnehmen konnten. Die Pfandbriefe dieser Landschaften wurden wie bares Geld angesehen. Nur Ostpreußen erhielt keine Pfandbriefanstalten, denn Friedrich verzieh der Provinz nie, daß sie der Kaiserin Elisabeth gehuldigt hatte, und hat sie auch nicht wieder besucht. Die Leibeigenschaft hob zwar der König zum Besten des Adels nicht auf, erleichterte aber die drückende Lage des Bauernstandes, indem er den Edelleuten verbot, Bauerngüter einzuziehen und in Vorwerke umzuwandeln, und indem er die Frondienste auf drei Tage wöchentlich verminderte, damit die Bauern der Bewirtschaftung ihrer eigenen Ländereien genügend obliegen könnten. Auch sorgte er für eine bessere Behandlung derselben. So entstand die mildere Form der „Gutsunterthänigkeit". Innere Kolonisation. Öde Gebiete wurden der Kultur erschlossen, Brüche an der Oder, Havel und später an der Netze durch Entwässerungen in fruchtbares Ackerland verwandelt und 300 000 Ansiedler ins Land gerufen. Friedrich hat 280 neue Dörfer gegründet. Die Kartoffel und die Lupine wurden — zum Teil zwangsweise — allgemeiner angepflanzt. Handel und Gewerbe. Zur Hebung des Verkehrs erbaute Friedrich den Plauischen, den Finow- und später auch den Bromberger Kanal, vertiefte die Swine so, daß schwere Kauffahrer sie befahren konnten, und legte auf Usedom den Hafen Swinemünde an, wodurch Stettin ein bedeutender Seehandelsplatz wurde. Wesentlich gefördert wurde der Handelsstand auch durch die Errichtung der Königlichen Bank zu Berlin, aus der die Kaufleute Geld gegen Unterpfand zu mäßigen Zinsen erhielten. Für den überseeischen Handel gründete er die Seehandlungsgesellschaft. Zur Belebung der Gewerbsthätigkeit und Einführung neuer Gewerbe rief der König tüchtige Arbeiter ins Land. Einen hohen Aufschwung nahmen die Linnenwebereien in Schlesien und die Tuchwebereien in der Mark. In Berlin gründete er die erste Porzellanfabrik, die selbst die Meißner überflügelte. Auch Fabriken für Seiden- und Sammetstoffe, Kattundruckereien u. s. w. blühten auf, ebenso das Berg-und Hüttenwesen in Schlesien. Um diese jungen Gewerbe gegen den ausländischen Mitbewerb zu schützen, führte er Schutzzölle ein.

4. Deutsche und brandenburgisch-preussische Geschichte vom Ausgang des Mittelalters bis zur Gegenwart - S. 93

1896 - : Buchh. des Waisenhauses
Ii. Die erste Teilung Polens 1772. 93 schaffen. Wichtiger waren hingegen die Einnahmen aus beut Salz-unb Tabaksmonopol sowie der Klassenlotlerie. Sorge für die Rechtspflege. Ein großes Verbienst erwarb sich der König um die Rechtspflege, bcnn gleiches Recht sollte jebem seiner Unterthanen gewährt werben. Die grausamen Strafen bcs alten Rechtes würden dem humanen Geiste bcs Zeitalters entfprcchenb gemildert; die Folter hatte der König gleich nach feinem Regierungsantritte abgeschafft. Friedrich ist der Schöpfer des unbestechlichen preußischen Richterstanbes. Der König wünschte die vielen, in bcn einzelnen Lanbestcilen herrschenben Rechte zu einem allgemeinen Land-rechte zusammenzufassen. Von dem Großkanzler Samuel von Cocceji rührt bcr Entwurf eines Lanbrechts her. Nach seinem Tode arbeiteten bcr Großkanzler Carmer und der Geheimrat Svarcz das „Allgemeine Lanbrccht" aus, das aber erst 1794 nach dem Tode des großen Königs in Kraft trat. Die Regierung bcs Königs war wie die seines Vaters durchaus persönlich und unumschränkt. Vom frühen Morgen bis zum späten Abenb unermüblich thätig ging auch er dem Lanbc mit dem besten Beispiele voran. Er selbst erklärte sich für den ersten Diener bcs Staates und gleiche Gewissenhaftigkeit und treue Pflichterfüllung, wie er sie übte, schärfte er auch den Beamten ein. All sein Thun und Lassen war von bcr Sorge um das Wohl seines Staates erfüllt. Nie hatte er seinen eigenen Vorteil im Auge, sonbern stets nur bcn bcr Gesamtheit, für bic er in feiner Genügsamkeit sogar den größten Teil seiner eigenen Einkünfte verwandte. Ii. Dir erste Teilung Polens, 1772. 177-2 Währenb die Nachbarstaaten zu immer festeren Einrichtungen vorgeschritten waren, war Polen infolge seiner Verfassung völliger Auflösung nahegeführt. Ein freier Bürger stand fehlte ganz, die Bauern waren leibeigen, alle Macht lag in den Händen des Abels; das Königtum war ein Wahlkönigtum und machtlos. Schon lange hatten sich die fremden Mächte in die inneren Angelegenheiten des Landes eingemischt; in der letzten Zeit war besonders der russische Einfluß fast maßgebend geworden. Nach dem Tode König Augusts Iii. wurde auf das Betreiben Rußlands und Preußens Stanislaus August Ponia-towski (1 < 64) zum Könige gewählt. Die Anhänger Rußlands im polnischen Adel traten alsbald zu einem bewaffneten Bunde (Konföderation) zusammen und forberten die Gleichberechtigung der Dissidenten (der Evangelischen und Griechisch-katholischen) mit den Katholiken. Die

5. Deutsche und brandenburgisch-preussische Geschichte vom Ausgang des Mittelalters bis zur Gegenwart - S. 95

1896 - : Buchh. des Waisenhauses
Iii. Der bayrische Erbfolgekricg 1778 — 1779 und der deutsche Fürstenbund 1785. 95 stützt von Friedrich dem Großen, der eine Vergrößerung Österreichs auf Kosten Deutschlands nicht dulden wollte. Um Joseph Ii. zum Nachgeben zu zwingen, rückte Friedrich in Böhmen ein. Da aber beide Teile die Erhaltung des Friedens wünschten und Maria Theresia das Vorgehen ihres Sohnes nicht billigte, so kam es bald znm Frieden von Teschen,^ in dem Österreich nur das Jnnviertel von Bayern erhielt. Nach dem Tode seiner Mutter kam Joseph Ii. auf seinen Wunsch, Bayern zu erwerben, wieder zurück und bot dem Kurfürsten Karl Theodor für Bayern die österreichischen Niederlande und den Titel eines Königs von Burgund an. Als Karl Theodor einwilligte, schloß Friedrich der Große zur Sicherung der Reichsverfaffung und des Besitzstandes der deutschen Staaten im Jahre 1785 den deutschen Fürsten- 17s» blind, der fast alle Reichsstande, evangelische und katholische, gegen Josephs Vergrößerungsgelüste zu gemeinsamem Schutze unter Preußens Leitung vereinigte. Einem solchen Bunde gegenüber nahm der Kaiser von seinem Plane Abstand. Schon ein Jahr darauf starb Friedrich der Große, rastlos thätig für das Wohl Preußens, der Mittelpunkt und die Triebfeder der gesamten Staatsverwaltung bis zum letzten Atemzüge. Doch hatte er seinen Neffen und Nachfolger Friedrich Wilhelm Ii. (1786 — 1797) in die Regierungsgefchäfte nicht eingeweiht. 1) Teschen liegt im östlichen Teile von österreichisch-Schlesien.

6. Deutsche und brandenburgisch-preussische Geschichte vom Ausgang des Mittelalters bis zur Gegenwart - S. 97

1896 - : Buchh. des Waisenhauses
ü. Die Vernichtung der alten Ordnung in Frankreich. 97 5) Auch über den schrankenlosen Absolutismus wurde allgemeine Klage geführt. Seit 1614 waren die Reichsstände (etats generaux) nicht mehr berufen worden. Des Königs Macht ging so weit, daß sein schriftlicher Befehl (lettre de cachet) genügte, um jeden Unterthan zu verhaften und in das Staatsgefängnis, die Bastille, zu werfen. 6) Dazu kam die allgemeine Erregung gegen die besitzenden und bevorrechtigten Klassen und gegen die ganze bestehende Ordnung durch die Litteratur der Aufklärung. Zersetzend wirkten besonders die Encyklopädisten. Diderot und d'alembert hatten ein Wörterbuch des gesamten menschlichen Wissens versaßt und leugneten darin das Dasein einer geistigen Macht. An diese Atheisten schließt sich Voltaire an, der zwar an Gott und die Unsterblichkeit der Seele glaubte, aber gegen die Dogmen der Kirche als den reinen Aberglauben eiferte. — Neben diesen die Religion zersetzenden Lehren forderten andere eine Änderung der Verfassung. Montesquieu lehrte in seinem Buche „vom Geiste der Gesetze" (de l’esprit des lois), daß politische Freiheit nur in einem konstitutionellen Staate zu finden fei, der die Mitte halte zwischen einem absoluten Königtum und einer Republik. Ant weitesten ging Rousseau, der Künste und Wissenschaften, sogar jede Bildung als einen Fluch des Menschengeschlechts verwarf und die Rückkehr znr Natur forderte, um das verlorene Glück wiederzugewinnen. Die Ursachen der Ungleichheit unter den Menschen beruhen nach ihm im persönlichen Besitze und in der Unterwerfung unter die Staatsgewalt; alle Menschen seien gleich, daher müsse alle Regierung vom Volke ausgehen. So war fast in allen Klassen der französischen Gesellschaft Unzufriedenheit mit dem bestehenden Staatswesen vorhanden. Ein Umsturz aber wurde zunächst unmittelbar durch die wachsende Finanznot und die Not der niederen Klassen herbeigeführt. Ii. Die Vernichtung der alten Ordnung in Frankreich. 1. Tie konstituierende (Verfassung gebende) Nationalversammlnng, 1789-1791. 1789 Als Ludwig Xvi. im Jahre 1774 zur Regierung kam, betrug der Fehlbetrag des Staatshaushaltes 100 Millionen Francs. Von dem besten Willen für Reformen beseelt, berief er den trefflichen Tur-got zum Finanzminister, der die Binnenzölle aushob, Zünfte und Fronen abschaffen und den Grundbesitz von den drückenden Lasten befreien wollte. Aber wie ein Mann erhoben sich alle Bevorrechteten gegen ihn, und der König war zu schwach, um ihn zu halten. Turgot wurde Lohmeyer u. Thomas, Deutsche u. brandend.-preuß. Geschichte. 7

7. Deutsche und brandenburgisch-preussische Geschichte vom Ausgang des Mittelalters bis zur Gegenwart - S. 99

1896 - : Buchh. des Waisenhauses
U. Tie Vernichtung der alten Ordnung in Frankreich. 99 Die „Erstürmung" der Bastille wird in Frankreich als Geburtstag der Republik gefeiert. In der That hat dieses Ereignis sie angebahnt, denn es hatte folgende Wirkungen: 1) Die Erhebung fand Nachahmung in den Provinzen; wilder Aufruhr durchtobte das ganze Land. Die Bauern zerstörten die Schlösser des Adels und vertrieben oder töteten ihre Herren. 2) Eine große Zahl von Edelleuten, darunter des Königs Bruder Karl, Graf von Artois, flüchtete („emigrierte") ins Ausland. 3) Necker wurde vom Könige zum dritten Male ins Ministerium gerufen, war aber nicht mehr Herr der Bewegung. 4) In der Nachtsitzung vom 4./5. August suchte die Nationalversammlung einen neuen, idealen Staat auszurichten mit vollständiger Gleichberechtigung aller Bürger und hob daher die Leibeigenschaft, alle Feudallasten, alle Vorrechte und alle Zehnten an die Kirche ohne jede Entschädigung auf. Im nächsten Jahre wurden auch der Adel und alle Titel und Wappen abgeschafft. 5) Auf Lafayettes Antrag erließ die Versammlung die Erklärung der allgenieinen Menschenrechte (darunter Freiheit und Gleichheit und das Recht zum Widerstand gegen Bedrückung), damit aus ihrer Grundlage die neue Verfassung ausgebaut werde. Da der König die Bestätigung verweigerte, veranlaßte Lafapette den durch den Brotmangel erregten, zu allen Gewaltthaten fähigen Pariser Pöbel, am 5. Oktober nach Versailles zu ziehen und sowohl den König, als die Nationalversammlung zur Übersiedelung nach Paris zu nötigen. Dadurch waren der König und die Volksvertreter „in der Hauptstadt der Revolution und unter der Aussicht des Volkes." Um die durch den Ausruhr und die Abschaffung der Lasten ins Ungeheure gestiegene Finanznot zu beseitigen, beschloß die Nationalversammlung die Einziehung aller Kirchengüter. Die Schulden suchte man durch Anweisungen (Assignaten) auf das so gewonnene Staatseigentum zu tilgen. Durch die Einziehung des .Kirchenguts wurden zugleich die Einkünfte der Geistlichen, die nunmehr Staatsbeamte wurden, geschmälert. Bei der Beratung der Verfassung gewannen die Radikalen, die von Rousseaus Lehren erfüllt waren, mehr und mehr an Einfluß. Es wurde das ganze Land in 83 Departements eingeteilt, die wieder in Distrikte und Kantone zerfielen. Sie erhielten die volle Selbstverwaltung, ja sogar Verfügung über die Nationalgarde und freie, der Bestätigung der Regierung nicht unterliegende, Wahl der Beamten. Damit war die Einheit des Staates, die feste Zusammensassung seiner Teile, beseitigt und Frankreich in eine Menge kleiner Republiken geteilt. Durch die Wahl der richterlichen Beamten war auch eine unparteiische Rechtspflege unmöglich: sie war den wechselnden politischen Parteien überliefert. — Für die Volksvertretung wurde nur eine Kammer festgesetzt und dem Könige bloß das „suspensive Veto" gewährt, wodurch er einen Volksbeschluß nicht unbedingt, sondern nur auf einige Jahre aufheben konnte; wenn drei Versammlungen nach

8. Deutsche und brandenburgisch-preussische Geschichte vom Ausgang des Mittelalters bis zur Gegenwart - S. 101

1896 - : Buchh. des Waisenhauses
n. Die Vernichtung der alten Ordnung in Frankreich. 101 Arbeiterbevölkerung der Vorstädte, die Pikenmänner oder Sansculotten, stürmten die Tuilerien. Der König flüchtete in die Nationalversammlung und befahl von hier aus auf Drängen der Jakobiner seiner Schmeizergarde und den Royalisten den Kampf einzustellen. Als diese gehorchten, stürzte die Menge über sie her und mordete sie sämtlich. Auf Antrag der Girondisten wurde das Königtum bis auf weiteres aufgehoben („suspendiert") und Ludwig Xvi. mit seiner Familie gefangen in den Temple geführt. Eine neue Versammlung, der Nationalkonvent, sollte über das Schicksal des Königs entscheiden und dein Lande eine neue Verfassung geben. Die Nationalversammlung setzte zugleich das Ministerium der Girondisten wieder ein und ernannte Danton zum Justizminister. Danton besahl nun allen Bürgern von Paris gegen die Feinde zu ziehen; nur die Pikenmänner sollten zurückbleiben. Um die Gemäßigten zu schrecken und die Wahlen republikanisch zu gestalten, ließ er darauf in den ersten Septembertagen alle Anhänger des Königs, meistens Adlige und Priester — 1800 an der Zahl —, die ins Gefängnis geworfen waren, ohne Urteil und Recht auf grauenhafte Weise töten. Damit begann die Herrschast des Schreckens. Das Beispiel der Hauptstadt fand durch die Jakobinerklubs Nachahmung in den Provinzen. Währenddessen rückte das deutsche Heer überaus langsam in die Champagne ein, obgleich die zuchtlosen Feinde keinen nachhaltigen Widerstand leisteten. Die Preußen drangen durch die Pässe der Ar-gonnen und stießen auf die Franzosen bei Valmy;*) anstatt aber kräftig anzugreifen, begnügte sich der Herzog von Braunschweig mit einer unnützen Kanonade und trat dann den Rückzug an. Zwar wurden die Rückziehenden von den Franzosen wenig behelligt, doch erlitt das Heer durch die Ruhr große Verluste. Infolgedessen eroberten die Franzosen die österreichischen Niederlande und Mainz und wurden überall als die Befreier vom Joche der Tyrannei gefeiert. 3. Ter Nationalkonvent, 1792 — 179.,. 1792-1795 Unter dem Eindrücke der Septembermorde und des Einmarsches der Verbündeten in die Champagne waren die Wahlen ganz im Sinne der Jakobiner verlaufen, denn die Wahlfreiheit war unterdrückt. Ihre Sitzungen hielt nun die Versammlung in den Tuilerien. Die Rechte umfaßte die Girondisten, die Linke die Jakobiner oder den Berg (mon-tagne), in der Mitte saßen die Unentschiedenen: die Ebene (plaine). Der Nationalkonvent begann seine Thätigkeit am 21. Sep- 21*1®ft-tember 1795 mit der Erklärung der Republik. Die Girondisten wünschten nur die Gefangenschaft des Königs sowie Verbannung beim 1) Valmy liegt zwischen Verdun und Chalons an der Marne.

9. Deutsche und brandenburgisch-preussische Geschichte vom Ausgang des Mittelalters bis zur Gegenwart - S. 103

1896 - : Buchh. des Waisenhauses
Ii. Die Vernichtung der alten Ordnung in Frankreich. 103 Hauptmanns Napoleon Bonaparte genommen. Ermöglicht wurden die Siege sowohl im Innern als gegen die uneinigen und lässigen äußeren Feinde durch ein allgemeines Aufgebot der waffenfähigen Jugend vom 18. bis 25. Jahre unter Leitung des einsichtsvollen Carnot. Diese Herrschaft der Jakobiner oder des Berges, während deren die Guillotine unaufhörlich arbeitete, nennt man die Schreckensherrschaft. Am 16. Oktober 1793 wurde die Königin Maria Antoinette hingerichtet; gleiches Schicksal teilten bald die Prinzessin Elisabeth, des Königs Schwester, und der Herzog Philipp von Orleans. Der unglückliche Königssohn, der Dauphin Ludwig, verkam bei dem Schuster Simon und erlag den Mißhandlungen, der schlechten Nahrung und der Einzelhaft im Jahre 1795. Den Höhepunkt erreichte der Haß gegen alles Bestehende in der Abschaffung des christlichen Kalenders und der christlichen Religion. Mit dem 22. September 1792, dem ersten Tage der Republik, begann das Jahr I. Das Jahr zerfiel in 12 Monate zu 30 Tagen und 5 besondere Festtage (sansculottides); an Stelle der Wochen — Sonntage gab es nicht mehr — traten Dekaden. Hsbert, das Haupt des Gemeinderats, beseitigte das Christentum und setzte an seine Stelle den Kultus der Vernunft. Während der Schreckensherrschaft war der Konvent durch die rohen Massen eingeschüchtert und beherrscht, diese wieder wurden durch den Wohlfahrtsausschuß gelenkt, und der Wohlfahrtsausschuß beugte sich vor den Befehlen des Triumvirats (Robespierre, St. Just und Couthon). Da Robespierre nach der Diktatur strebte, so setzte das Triumvirat zunächst die Verhaftung und Hinrichtung Hsberts durch; dann wandte sich Robespierre gegen Danton, der jetzt nach Befestigung der Republik deni ferneren Blutvergießen sich widersetzen wollte. Auch Danton mußte sein Haupt unter die Guillotine legen. Nachdem so Robespierre alle seine Nebenbuhler aus den: Wege geräumt hatte, ließ er sich (tut Jahre 1794) zum Diktator erklären. Als solcher schaffte er den Kultus der Vernunft ab und befahl die Verehrung „des höchsten Wesens". Die Schreckensherrschaft hatte ihren Höhepunkt erreicht. Als auch die Mitglieder des Wohlfahrtsausschusses ihres Lebens nicht mehr sicher waren und der Konvent wieder einmal „von den Schurken gereinigt werden" sollte, verbanden sich endlich alle Parteien zum Sturze des Tyrannen. Er wurde im Konvent selbst angegriffen, am 9. Thermidor (27. Juli) 1794 samt den Triumvirn verhaftet und am Tage darauf mit seinen Anhängern hingerichtet. Damit endete die Schreckensherrschaft. 4. Das Ende des Konvents und das Direktorium. 1795. i Mit dem 9. Thermidor beginnt ein neuer Abschnitt in der Revolution. Die lange unterdrückte öffentliche Meinung wandte sich gegen die Einrichtungen der Schreckenszeit. Die „Thermido-

10. Deutsche und brandenburgisch-preussische Geschichte vom Ausgang des Mittelalters bis zur Gegenwart - S. 106

1896 - : Buchh. des Waisenhauses
106 Napoleons Weltmachtstellung. 1786 Hier besiegte Napoleon die Österreicher an der Addabrücke bei Lodi/) so daß sie die Lombardei 1796 aufgeben mußten, belagerte Mantuas und schlug nacheinander vier Entsatzheere der Österreicher zurück, woraus sich die Festung ergeben mußte. Dadurch war ganz Italien den Franzosen unterworfen. Hierauf rückte Napoleon gegen Wien vor und gelangte bis Steiermark. Während der nun folgenden Friedensverhandlungen nahm er Venedig ein. Im Frieden zu Campo Formto3) im Jahre 1797 trat Österreich seine Niederlande (Belgien) und die Lombardei ab und erhielt als Entschädigung das Gebiet der gestürzten Republik Venedig mit Istrien und Dalmatien. Frankreich nahm Belgien und das ganze linke Rheinufer von Deutschland. Die Lombardei mit Umgebung wurde in die cisalpinische, Genua in die ligurische Republik umgewandelt. Reichliche Kriegsentschädigungen und zahllose Kunstschätze wanderten nach Paris und hoben das Ansehen Napoleons. Die Koalition war gesprengt, nur England stand noch gegen Frankreich in Waffen und schädigte es durch die Wegnahme französischer und holländischer Kolonieen. Ii. 1797 Friedrich tthlljrlm Ii., 1786—1797. 1. Ter Regierungswechsel. Die Organisation, welche Friedrich Wilhelm I. und Friedrich Ii. dem preußischen Staate gegeben hatten, setzte einen Fürsten voraus, der gleich ihnen den Mittelpunkt und die Triebfeder der gesamten Staatsverwaltung bildete. Dem neuen Könige Friedrich Wilhelm Ii., den: Bruderssohne Friedrichs, ging jedoch trotz all seiner Befähigung, trotz der Liebenswürdigkeit seines Charakters und einer gewissen Ritter- feines Bruders Joseph, der am 15. August 1769 zu Ajaccio auf Corsika geboren war. So wurde er auf den Kriegsschulen zu Brienne und Paris vorgebildet, trat als Offizier in die Artillene ein und bewirkte durch seine Anordnungen vor Toulon den Fall der Stadt. Da er Robespierre und den Jakobinern nahe gestanden hatte, so verlor er nach ihrem Sturze seine Stellung, bis ihm das Direktorium beim Aufstande der Royalisten die Beschützung des Konvents übertrug. Nach seinem Siege heiratete er Josephine, die reiche Witwe des durch die Guillotine Hingerichteten Generals Beanharnais und wurde vom dankbaren Direktorium zum Oberfeldherrn der Armee in Italien ernannt, wodurch sich seinem großartigen Feldherrngenie sowie seiner Ruhm- und Herrschbegierde ein weites Feld eröffnete. Italien wurde die Wiege seines Ruhms. 1) Lodi liegt am rechten Addauser südöstlich von Mailand. 2) Mantua liegt am Mincio. 3) Campo Formio liegt südwestlich von lldine in Friaul (Venetien).
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